9 Tipps, um Kleinkinder fürs Wandern zu begeistern

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Die ersten zwei Lebensjahre eines Kindes gelten ja oftmals als die anstrengendsten im Leben junger Eltern, weil man plötzlich seine eigenen Bedürfnisse ganz weit hinten anstellen muss. Was das Wandern angeht, verhält es sich eigentlich genau umgekehrt: In den ersten zwei Jahren sitzen die Kleinen noch überwiegend in der Babytrage bzw. in der Kraxe und schlafen dort im Idealfall auch gut. In dieser Lebensphase muss man sich als wanderbegeisterte Eltern nur wenig einschränken. Von sehr ausgesetzten Touren oder 10-stündigen Gewaltmärschen sollte man natürlich eher absehen, aber ansonsten kann man eigentlich noch recht gut auf seine Kosten kommen. Sobald die Kids dann aber immer öfter „will raus“ und „selber laufen“ fordern, ist man dann oftmals zwischen kurz- und langfristigen Zielen hin- und hergerissen: Einerseits würde man gerne den Gipfel erreichen oder zumindest so viele Höhenmeter machen, dass man abends merkt, dass man was getan hat. Und andererseits will man seine Kinder ja auch dazu ermuntern, möglichst viel selbst zu laufen und ihnen ausreichend Zeit geben, um all die spannenden Dinge zu erkunden, die es am Wegesrand zu entdecken gibt. Quasi um den Grundstein für die Zeit zu legen, wenn sie für die Kraxe endgültig zu schwer sind.
Unsere dreijährige Tochter läuft mittlerweile ganz ordentliche Strecken (ca. 8 km und 300-400 hm) selbst. Und unser Sohn (gerade 2 geworden) hat uns vor ein paar Wochen komplett von den Socken gehauen, als er fast die gleiche Strecke selbst gelaufen ist, natürlich noch deutlich langsamer, aber mit einem sehr bestimmten „selber laufen“, sobald man ihm die Kraxe angeboten hat.
Dass unsere Kids Spaß am Wandern zu haben scheinen, freut uns natürlich sehr, aber wir geben uns nicht der Illusion hin, dass diese Wanderbegeisterung bis ins Teenageralter hinein anhält.

Im folgenden gibt’s ein paar Tipps, die sich bei uns bewährt haben. Primär, um die intrinsische Motivation zu fördern, aber ganz ohne extrinsische Motivation geht’s dann meistens doch nicht.

1. Familiengeeignete Wanderungen meiden
Wanderungen, die in Wanderführern als „familiengeeignet“ bezeichnet werden, zeichnen sich oftmals durch abwechslungslose Forstwege aus, die z.T. komplett mit Kinderwägen befahrbar sind. Das ist natürlich stinklangweilig für kleine Entdecker. Und für die Motivation, selber zu laufen, ist es auch nicht förderlich, wenn sie sehen, dass gleichaltrige Kinder im Kinderwagen den Berg hochchauffiert werden.
Wenn man solche Wanderungen macht (z.B. weil am Ziel eine Hütte mit 1A-Spielplatz lockt), sollte man zumindest ein paar Passagen neben dem eigentlichen Weg laufen oder Abstecher in den Wald machen, damit die Kids dort über Baumstämme balancieren, Ameisenhaufen begutachten, Tannenzapfen sammeln können etc.
Richtige Wanderwege mit vielen Wurzeln oder kleineren Kletterpassagen sind viel spannender und, soweit sie keine gefährlichen Stellen aufweisen, auch mit kleinen Kindern gut machbar. Und auf solchen Wegen kriegt man dann auch ganz gut Höhenmeter zusammen.

2. Wanderungen mit „Zuckerl“
Auch, wenn der Ausblick bei einer Wanderung noch so atemberaubend ist: Kleine Kinder interessieren sich dafür herzlich wenig. Was eine Wanderung für Kids wandernswert macht, ist eher das gebotene Rahmenprogramm: Im Sommer bieten sich natürlich Wanderungen mit Bade- bzw. Planschgelegenheit an. Sprich Bergseen, Gebirgsbäche mit Gumpen, Wasserfälle mit Badebecken und Klammen. Für die kühleren Monate eignen sich z.B. Wanderungen mit Erlebnis- und Waldlehrpfaden oder Ruinen und Burgen. Unsere Tochter fand selbst einen Kreuzweg äußerst spannend und hat dabei wildeste Vermutungen angestellt, was der Jesus jeweils als nächstes tut. Hütten mit Spielplätzen und Tiergehegen gehen natürlich auch immer, allerdings muss man dann häufig die bittere Pille schlucken, dass es sich dabei um einen überlaufenen, wenig spannenden Familienwanderweg handelt.

3. Challenges-to-go
Wenn das Ziel der Wanderung zwar verlockend ist für die Kleinen, aber noch nicht in greifbarer Nähe, kann die Motivation mit kleinen Wettkämpfen aufrecht erhalten werden: Wer entdeckt als erstes die nächste Wegmarkierung, wer findet den größten Tannenzapfen etc. Ein Preis für den Gewinner in Form von Süßkram bewirkt in der Regel nochmal einen zusätzlichen Motivationsschub.

4. Trollsmarties
Zieht bei uns immer: Smarties (bzw. bei schlechterem Wetter verpackte Kaubonbons), die die Trolle immer mal wieder entlang des Weges verstecken. Natürlich nur für selbstlaufende Kinder (und für deren kleinere Geschwister, die noch nicht so viel selbst laufen können). Und auch nur auf kleinen Pfaden, auf denen nicht viel los ist, denn die Trolle trauen sich ja nicht in die Nähe der Menschen. Und selbst, wenn man die Trolle nicht zu Gesicht bekommt: Trollhöhlen entdeckt man eigentlich bei fast jeder Wanderung. Das Ganze lässt sich also wunderbar ausschmücken und zumindest unsere Kinder schöpfen auch noch keinen Verdacht, wenn die Trolle nur dann was verstecken, wenn Mama oder Papa vorgehen…

5. Richtiges Wanderequiment
Gut passende Wanderschuhe für die Kleinen sind natürlich das A und O dafür, dass sie das Wandern als etwas Positives empfinden. Darüber, ob sie in dem Alter tatsächlich schon atmungsaktive Funktionsbekleidung benötigen, lässt sich streiten. Zwar lässt es sich in einer Jeans eigentlich genauso gut wandern, aber wir haben festgestellt, dass es unheimlich motivierend für die Kids ist, wenn sie z.B. auch so eine coole Zip-off-Hose wie die großen Wanderer haben. Auch ein eigener Wanderrucksack kann die Wanderlust positiv beeinflussen, allerdings wird der dann doch oft bereits nach kurzer Zeit an die Kraxe gebunden von den Eltern geschleppt, vor allem, wenn die Kids noch nicht die komplette Strecke selbst laufen. Eine gute Alternative sind hier Bauchtaschen. Hier finden auch allerlei Schätze Platz und diese lassen sich hier zudem schneller verstauen als im Rucksack. Auch die Teleskop-Wanderstöcke der Eltern, die eingefahren genau die richtige Größe haben, können spannend sein für die Nachwuchs-Wanderer.

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6. Hüttenübernachtungen
Wenn man nach einem anstrengenden Aufstieg nicht auch den ganzen Weg wieder runter gehen muss, sondern stattdessen auf einer Alpenvereinshütte übernachtet, am besten noch im Matratzenlager, kann das auch für eher fußfaule Kinder motivierend sein. Hier locken meistens nicht nur Kaiserschmarrn, Almdudler und sonstige alpenländische Köstlichkeiten, sondern so ein Matratzenlager ist auch ein idealer Ort zum Toben, für Kissenschlachten etc. Und oft gibt es auf Hütten auch viele spannende Dinge zu entdecken, wie z.B. Plumpsklos und ausgestopfte Tiere.

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7. Tragesystem als Backup statt Kraxe
Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. Wenn die Kraxe ganz offensichtlich dabei ist für den Fall, dass das Kind nicht mehr laufen will, ist die Versuchung natürlich groß, bei den ersten leichten Ermüdungserscheinungen den Mama- oder Paparitt einzufordern. Zielführender kann es sein, dem Kind gegenüber zu kommunizieren, dass man die Kraxe nicht mitnimmt, weil es ja jetzt schon so gut selbst wandern kann. Und für den Fall, dass es nicht den kompletten Weg schafft, hat man ein Tragesystem im Rucksack dabei. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Denkbar wäre auch, dass das Kind bei der Ankündigung, die Kraxe nicht mitzunehmen, völlig ausflippt und sich weigert, überhaupt mit zu wandern.

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8. Bye bye ehrgeizige Gipfelziele
Dieser Punkt ist oft die größte Herausforderung für wanderbegeisterte Eltern.
Wenn man möchte, dass die Kinder möglichst viel der Strecke selbst laufen, muss man sich darauf einlassen, dass man mindestens doppelt so lang braucht, wie im Wanderführer angegeben ist. Somit ist dann oftmals bereits eine mit 3 Stunden angegebene Wanderung nur dann machbar, wenn man seine Kinder zur Eile antreibt und sie dann doch irgendwann in die Kraxe setzt, obwohl sie eventuell sogar noch motiviert wären, selbst zu laufen. Wir sind mittlerweile wirklich so weit, dass wir keine Wanderungen mehr machen, die mit mehr als 2,5 Stunden und über 500 hm angegeben sind. Oder wir wählen Stichtouren, die wir bei Bedarf dann jederzeit abkürzen können. Man muss sich dabei nur immer wieder vor Augen führen, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden.

9. Happy End
Ein guter Abschluss eines Tages in den Bergen ist wichtig, damit die Kinder das Wandern insgesamt als etwas Positives in Erinnerung behalten. Denkbar ist z.B., dass man anschließend noch Eisessen oder auf einen Spielplatz geht. In Anbetracht des Staus, den man oftmals hat, wenn man am späteren Nachmittag eines schönen Spätsommer- oder Herbsttages von den Bergen zurück Richtung München fährt, ist es natürlich nachvollziehbar, wenn man früher wieder zurückfahren möchte. Aber das artet dann oftmals in Stress aus und wenn man Pech hat, steht man trotzdem im Stau. Wesentlich entspannter kann es sein, wenn man die Schlafanzüge und Zahnbürsten der Kinder einpackt, am Abend noch irgendwo essen geht, die Kinder dann bettfertig ins Auto setzt, ohne Stau nach Hause fährt und die Kinder dann schlafend ins Bett verfrachtet.

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3 Gedanken zu “9 Tipps, um Kleinkinder fürs Wandern zu begeistern

  1. Super Artikel! Ich habe beim Lesen oft genickt und gedacht „genau“… die vermeintlich familienfreundlichen Waldautobahnen – nichts langweiliger als das! So nimmt man garantiert jedem Kind die Lust am Wandern. Danke für die unterhaltsame Zusammenfassung! Ich werde jetzt sicher öfter mal auf Eurem Blog vorbeischauen.

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