Wenn der Nachwuchs nicht mehr immer nur in der Kraxe sitzen will, sondern immer öfter „selber laufen“ fordert, freut man sich als Eltern natürlich darüber, dass man seine Kinder mit der eigenen Wander- und Bergbegeisterung infizieren konnte.
Gleichzeitig ist man aber auch um einiges mehr gefordert: Man muss nicht nur aufpassen, dass sich die Kinder keine Abhänge runter stürzen, sondern man braucht auch viel Geduld und muss sich damit abfinden, mindestens 3x so lange zu brauchen wie in der Tourbeschreibung angegeben. Denn am Wegesrand gibt es ja so viel zu Entdecken für die kleinen Bergsteiger. Und Kinder entdecken ja bekanntlich nicht nur mit den Augen, sondern lieben es, Steine, Zapfen und sonstiges „Berggut“ zu sammeln und Blumen zu pflücken. In der Regel sind die Kinder dann zwar schon in einem Alter, in dem sie sich nicht mehr alles in den Mund stecken, allerdings gibt es im Alpenraum auch Pflanzen, bei denen die bloße Berührung schon fatale Folgen haben kann, wie wir kürzlich erfahren durften…
Vor einigen Wochen waren wir im Montafon unterwegs und haben uns nichts weiter dabei gedacht, als Nora eine hübsch anzusehende blau-violette Blume gepfückt hat. Wir wurden dann allerdings recht bald darauf aufmerksam gemacht, dass es sich dabei eventuell um den hochgiftigen Blauen Eisenhut handelt. Es folgte eine kurze Internetrecherche, die Erkenntnis, dass das bloße Berühren schon schwerste Vergiftungen hervorrufen kann, die Feststellung, dass es sich tatsächlich um eben diese giftigste Pflanze Europas handelte – und ein Anruf bei der Giftnotrufzentrale. Hier haben wir erfahren, dass erste Vergiftungserscheinungen in der Regel sofort auftreten und nach einer halben Stunde ohne Symptome eigentlich Entwarnung gegeben werden kann. Die halbe Stunde war zu diesem Zeitpunkt schon fast rum und uns ging’s gottseidank allen gut.
Diese Begebenheit haben wir nun zum Anlass genommen, uns ein bißchen näher mit den Giftplanzen zu befassen, denen man bei Wanderungen in Wäldern und in den Bergen begegnen kann. Eine Auswahl von 10 hochgiftigen Pflanzen stellen wir euch hier vor. Zudem gibt’s ein paar Tipps, wie man sich im Notfall am besten verhält.
1. Blauer Eisenhut / Gelber Eisenhut

Stark giftig: Die komplette Pflanze und vor allem Wurzelstock und Samen
Vergiftungszeichen: Übelkeit, Durchfall, Herzrhythmusstörungen, Schweißausbrüche, Krämpfe, Tod durch Atemlähmung

Standorte Blauer Eisenhut: An Bächen, auf feuchten Böden, an Wegrändern und im Gebüsch, an schattigen Standorten, selten im Wald
Standorte Gelber Eisenhut: An schattige Standorten, auf feuchten Böden, an Bachrändern, im Gebüsch, auf kalkigen Böden bis 2.400m, in Laubmischwäldern
2. Eibe

Stark giftig: Die ganze Pflanze außer dem roten Samenmantel; Samen hochgiftig
Vergiftungszeichen: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, rote Lippen, Herzklopfen, Schwindel, Pupillenerweiterung, Koliken, Bewusstseinsstörungen, Tod durch Atemlähmung
Standorte: In Laubwäldern, auf feuchten, steinigen Kalkböden
3. Goldregen

Stark giftig: Die ganze Pflanze, besonders Blüten, Samen und Wurzeln
Vergiftungszeichen: Übelkeit, Erbrechen, Durst, Brennen in Mund und Rachen, Koliken, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Atemlähmung
Standorte: In Wäldern und an Waldrändern
4. Sadebaum

Stark giftig: Die ganze Pflanze, besonders die Zweigspitzen
Vergiftungszeichen: Hautentzündungen und –nekrosen bei Berührung, sonst Übelkeit, Erbrechen, Gastritis mit heftigen, auch blutigen Durchfällen, Bauchschmerzen, starker Harndrang mit Brennen beim Wasserlassen, auch blutiger Urin, Bewusstlosigkeit, Tod durch Atemlähmung
Standorte: An sonnigen, trockenen Felshängen
5. Seidelbast

Stark giftig: Die komplette Pflanze, vor allem Rinde und Samen
Vergiftungszeichen: Bei Berührung Hautreizungen, bei Verzehr Mundbrennen mit Schwellung, Speichelfluss, Heiserheit, Schluckbeschwerden, Bauchschmerzen mit blutigem Durchfall, Krämpfe, Lähmungen, Tod durch Kreislaufkollaps möglich
Standorte: In tiefergelegenen Bergwäldern bis ca. 900m
6. Gefleckter Aronstab

Stark giftig: Die ganze Pflanze
Vergiftungszeichen: Speichelfluss, Brennen im Mund, Heiserkeit, Übelkeit, Erbrechen, Magen-Darm-Krämpfe, Herzstolpern, Herzrasen, Schwindel, Koma, Tod
Standorte: In schattigen, feuchten Wälder, im Gebüsch und auf Auen, auf nährstoffreichen Böden
7. Roter Fingerhut / Gelber Fingerhut

Stark giftig: Die ganze Pflanze, besonders die Blätter
Vergiftungszeichen: Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Reizbarkeit, Kopfschmerz, Nervenschmerzen, Augenflimmern, Halluzinationen, Tod durch Herzstillstand

Standorte Roter Fingerhut: An Kahlschlägen und buschigen Hängen bis 900m, auf kalkarmen Böden
Standorte Gelber Fingerhut: In lichten Wäldern und im Gebüsch
8. Weißer Germer

Stark giftig: Die komplette Pflanze
Vergiftungszeichen: Durst, Erbrechen, Durchfall, Schmerzen im Mundbereich, Angst, Frieren, Kollaps, Kreislaufprobleme, Missempfindungen, Taubheitsgefühl, Atemstörungen, Tod durch Kreislauf- und Atemlähmung
Standorte: Auf Almen und feuchten Wiesen, auf stickstoff- und kalkhaltigen Böden
9. Hoher Rittersporn

Stark giftig: Die Samen
Vergiftungszeichen: Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen, Muskelzuckungen, Muskellähmungen, unregelmäßiger Puls, Atemnot, Kollaps, Tod durch Atemlähmung
Standorte: In lichten Gebirgswäldern, auf kalkreichen Böden
10. Maiglöckchen

Stark giftig: Die ganze Pflanze, besonders Blüten und Früchte
Vergiftungszeichen: Haut- und Augenreizung, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Harndrang, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckschwankungen, Kollaps, Atem- und Herzstillstand
Standorte: In Mischwäldern und im Gebüsch, auf alpinen Matten bis 1.900m, auf kalkhaltigen Böden
Verhalten im Notfall:
-
- Ruhe bewahren!
- Umstände klären: Um welche Pflanze handelt es sich? Welche Teile wurden gegessen? Wurden die Teile nur gekaut und wieder ausgespuckt oder geschluckt?
- Giftnotrufzentrale anrufen: Schildern, wer wovon wie viel und wann gegessen hat. Angeben von Alter und Körpergewicht. Beschreiben, welche Symptome schon aufgetreten sind und was ggf. dagegen unternommen wurde. Ein komplettes Exemplar der Pflanze sollte vorliegen zur Identifikation der Pflanze.
- Vitalparameter überwachen: Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes auf richtige Lagerung, Kreislauf und Atmung achten. Bei oraler Giftaufnahme das Auslösen von Erbrechen durch Laien unbedingt vermeiden, da das vergiftete Kind dadurch zusätzlich gefährdet wird.
Vergiftungs-Notrufnummern: München: +49 (0)89/19240 Berlin: +49 (0)30/19240 Wien: +43 (0)1/4064343 Zürich: +41 (0)44/2515151
(Die Informationen entstammen einer Broschüre des niederösterreichischen Zivilschutzverbandes. Die Auflistung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.)