Kurz, nachdem wir uns kennengelernt hatten, sind wir relativ spontan im November für eine Woche nach Sardinien geflogen, d.h. zu einer Zeit, zu der die Wahrscheinlichkeit, dass man im Mittelmeer Wellenreiten kann, verhältnismäßig hoch ist. Wir hatten Pech und eine Woche Sonnenschein, aber so gut wie keine Wellen. Wir waren zwar trotzdem begeistert von dieser Insel, aber da für uns damals noch der Grundsatz galt, kein Land mehr als einmal zu bereisen, stand es lange nicht zur Diskussion, nochmal dorthin zu fahren. Vielmehr machten wir uns über die unzähligen Familienkutschen hierzulande lustig, auf denen neben dem „Sonstwer an Bord“-Aufkleber ein ganzes Sammelsurium an „Sardinia Ferries“ bzw. „Corsica Ferries“-Aufklebern mit der jeweiligen Jahreszahl prangt, quasi die Festivalbändchen der Erwachsengewordenen.
Tja, und dann sind auch wir erwachsen geworden und mit einem Kind auf der Rücksitzbank und einem im Bauch erneut nach Sardinien gefahren. Zwar ohne „Sonstwer an Bord“-Aufkleber und der „Sardinia Ferries“-Aufkleber musste auch daran glauben, sobald wir die Fähre verlassen hatten, aber wir geben ganz offen zu: Wir werden es wieder tun.
Und das sind die Gründe:
1. Die Nähe
Mit Auto und Fähre ist Sardinien in einem Tag gut erreichbar. Wir hatten uns für die Nacht-Fähre von SardiniaFerries entschieden, die um 21:00 Uhr in Livorno ablegt und um 6:30 Uhr in Golfo Aranci im Nordosten von Sardinien ankommt. Um bei der von München aus knapp 8-stündigen Fahrt nach Livorno längere Pausen einlegen zu können und ausreichend Puffer für eventuelle Staus zu haben, sind wir frühmorgens losgestartet. Wir waren dann auch bereits nachmittags in Livorno und hatten noch ausreichend Zeit, um an der für eine Hafenstadt gar nicht so häßlichen Strandpromenade zu flanieren.
Für die Überfahrt haben wir eine einfache Kabine (inkl. Dusche/WC) gebucht, was mit Kindern auf jeden Fall zu empfehlen ist, da der Preis dafür echt in Ordnung ist (ca. 60 € pro Überfahrt) und man auf diese Weise doch eine entspanntere Nacht hat, als wenn man auf Deck nächtigt oder sein Lager irgendwo im Inneren des Schiffs auf dem Fußboden aufschlägt.
2. Das Klima
So gerne wir aufgrund der Wellen am Atlantik sind oder die skandinavischen Länder bereisen würden, so hat Sardinien einfach einen entscheidenden Vorteil, wenn man mit Kindern und Zelt bzw. VW-Bus unterwegs ist: Bei rund 300 Sonnentagen im Jahr ist die Chance, dass man dort einen komplett trockenen Urlaub erleben kann, recht hoch. Bereits im Mai, als wir dort waren, sind die Temperaturen mit durchschnittlich 24 Grad schon recht sommerlich und eigentlich ideal, um sowohl wandern zu gehen als auch am Strand zu sein. Das Meer ist mit ca. 17 Grad zwar noch recht frisch, aber eine kurze Erfrischung ist schon drin und mit Neoprenanzügen haben auch die Kids Spaß im Wasser. Im Juli/August dagegen ist’s für aktivere Unternehmungen abseits des Wassers dann fast schon zu heiß. Der September und auch noch der Oktober eignen sich ebenfalls gut, um Strandtage mit aktiveren Tagen zu kombinieren, wobei dann aber die Regenwahrscheinlichkeit zunimmt.
3. Die Campingplätze
Auch ein Vorteil z.B. gegenüber der Atlantikküste: Viele Campingplätze sind direkt am Meer gelegen. Für Strandtage ist’s also in der Regel nicht notwendig, das Auto zu bewegen, was vor allem dann von Vorteil ist, wenn man erst mal ca. 2 Stunden braucht, um seinen Bus vom Schlafmodus wieder in den Fahrtmodus zu versetzen…
Und anders als in so manch anderen Ländern haben wir in Sardinien nicht die Erfahrung gemacht, dass die Campingplätze in fester Hand von dauerreisenden Rentnern mit ihren fetten Concords sind. Nichts gegen reisende Rentner, finden wir ja super, dass die ihren Lebensabend nicht frustriert zuhause verbringen. Und praktisch sind sie auch, sind sie in der Regel doch bestens ausgestattet und können mit allem dienen, vom Bolzenschneider über Muskatnuß bis hin zu Wollwaschmittel. Aber es ist schon auch ganz nett, mal unter Gleichgesinnten zu sein. Und gerade als Familie mit Kindern trifft man diese zumindest auf bestimmten Campingplätzen zuhauf – außerhalb der Ferienzeiten sind’s dann vor allem die Elternzeitler und sonstige Reisende mit Babys und Kleinkindern. So z.B. auf dem Campingplatz Porto Sosàlinos am Golf von Orosei, einem unserer Highlight-Campingplätze, da äußerst gechillt, sehr liebevoll angelegt, ohne Schnickschnack und in unmittelbarer Nähe von traumhaften Stränden gelegen. Hier wären wir uns ohne Kind wahrscheinlich fehl am Platz vorgekommen, denn es reihen sich hier VW-Bus an VW-Bus und vor fast jedem stehen Laufräder, Chariots und Kraxen…
Bei Familien ebenfalls sehr beliebt, da direkt an einem Traumstrand gelegen, ist der Campingplatz Capo Ferrato an der Costa Rei. Uns persönlich hat’s allerdings auf dem etwas wilderen Campingplatz Nurapolis an der Westküste in der Nähe von Oristano besser gefallen.
Wild standen wir nur einmal und das auch eher unfreiwillig. Unser Ziel war eigentlich der inmitten der Wanderdünen der Costa Verde gelegene Campingplatz Sciopadroxiu, zu welchem ein schier endloses, gegen Ende dann auch unbefestigtes Sträßlein führt, das ziemlich am Ende von Zeit zu Zeit auch überflutet ist… Es sind zwar ein paar Autos durchgefahren und mit einem Mietwagen hätten wir es auch gewagt, aber unserem nicht sehr geländegängigen Bus wollten wir dies nicht antun. So standen wir dann eine Nacht wild an einem wunderschönen Platz oberhalb des Meeres – leider eine recht stürmische Nacht und die einzige mit Regen. Von daher nicht allzu erholsam, zumal es mit 3,5 Personen im Hochdach dann doch auch etwas eng wird…
4. Strände und Berge auf engstem Raum
In unserem „Leben vor Kind“ haben wir unsere Urlaube entweder surfender oder mountainbikender Weise verbracht. Ist mit Kind leider nicht mehr so gut zu bewerkstelligen. Insofern sieht unsere Idealvorstellung von Urlaub nun so aus, dass wir gechillte Strandtage mit Wandertagen kombinieren. Und dafür ist Sardinien geradezu prädestiniert mit den vielen, teilweise an die Karibik erinnernden, zumindest außerhalb der Ferienzeiten nicht überlaufenen Sandstränden, den Badebuchten mit dem kristallklaren, türkisfarbenen Wasser und den bizarren Felsformationen, die Gelegenheit zu traumhaften Küstenwanderungen bieten. Wir hatten uns bei unserem letzten Trip in Anbetracht der begrenzten Zeit (2 Wochen) auf die Küste konzentriert. Etwas weiter im Landesinneren sind auch richtige Bergwanderungen möglich, wobei es da dann auch Sinn macht, auf Campingplätzen im Landesinneren zu übernachten.
Unsere absolute Highlight-Wanderung ging in Nordsardinien vom Monte Tinnari zur Costa Paradiso. Den Klassiker, das Valle della Luna und Capo Testa ganz im Norden sollte man aber auch auf jeden Fall machen.
Zur Inspiration und Orientierung hatten wir den Rother Wanderführer dabei. Seit Weihnachten sind wir nun auch im Besitz des Führers „Sardinien mit Kindern“, der 42 Wander- und Entdeckertouren speziell für Familien beinhaltet. Dieser wird dann bei unserem nächsten Sardinientrip zum Einsatz kommen…
Ein Surfboard haben wir aber trotzdem immer dabei, für den Fall, dass wir im Mittelmeer doch mal auf surfbare Wellen treffen sollten.
„Das alles bietet Korsika doch auch“ mag sich jetzt der ein oder andere denken. Stimmt wahrscheinlich. Wir waren dort vor einigen Jahren mal zum Mountainbiken und waren auch absolut begeistert. Dieses Jahr werden wir beide Inseln „auf Herz und Nieren“ testen und eventuell dann anschließend eine Empfehlung geben können für diejenigen, die sich nicht entscheiden können, ob Sardinien oder Korsika.
Für weitere Einblicke gibt’s auch noch ein Video von unserem Sardinien-Trip:
Sardegna By Bus from Peter Schoen on Vimeo.
2 Gedanken zu “4 Gründe, warum Sardinien eine ideale Destination für einen aktiven Campingurlaub mit Kids ist”